Ablauf einer Projektentwicklung am Beispiel von „stdSEM“
(standardisierten System-Entwicklungs-Methode von Siemens)


Wie läuft ein Projekt nach stdSEM ab?
Ein Projekt beginnt nach stdSEM mit einem Projektanstoß am Anfang der Phase Initiierung und endet immer mit der Phase Abschluß.

Kommt es in der Phase Initiierung zu einem positiven Projektentscheid, so wird mit der Phase Definition fortgesetzt, welche mit der Erstellung eines Angebots beginnt. In dieser Phase wird weiters die detaillierte Projektplanung, Anforderungsbehandlung und Pflichtenhefterstellung durchgeführt. Soll das Projekt weitergeführt werden, werden die weiteren Phasen Entwurf, Realisierung und Einsatz durchgeführt.




Rahmenphasen
Die Phasen Initiierung und Abschluß werden Rahmenphasen genannt; sie müssen immer durchlaufen werden . Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn weitere Versionen eines Produkts ohne besondere Änderung der Rahmenbedingungen erstellt werden sollen. Sollte es zu einem negativen Projektentscheid kommen, kann die Phase Abschluß kurz gehalten werden. Es muß zumindest der Grund für den negativen Projektentscheid dokumentiert werden.


Durchführungsphasen
Alle anderen Phasen werden Durchführungsphasen genannt. Sie müssen nach einer der nachfolgend angeführten Organisationsformen für den Phasenablauf durchlaufen werden.


Projektabwicklung nach Kundenmethoden
Wenn Projekte nach von Kunden vorgegebenen Entwicklungsmethoden abgewickelt werden, müssen trotzdem die Rahmenphasen nach stdSEM durchlaufen werden. Die Durchführungsphasen werden jedoch nach der vorgegebenen Kunden-Methode abgewickelt.


Phasen
Jede Phase dient zum Erreichen bestimmter Ziele. Diese Ziele werden durch das Ausführen von Tätigkeiten und durch dabei erarbeitete Ergebnisse erreicht.


Teilphasen
In stdSEM wurden für die meisten Phasen zusammengehörende Tätigkeiten zu entsprechenden Teilphasen zusammengefaßt. Diese Teilphasen sollen dann durchgeführt werden, wenn die damit verbundenen Tätigkeiten einen Sinn machen wie z.B. Teilphase Angebotserstellung in der Phase Definition, Teilphase Einsatzvorbereitung in der Phase Realisierung. Die Teilphasen können einander auch überlappen.


Voraussetzungen, Tätigkeiten und Ergebnisse
In jeder Phase gibt es geforderte Voraussetzungen. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann man mit der Phase beginnen. Weiters gibt es geforderte Tätigkeiten, die im Ablauf der Phase durchgeführt werden. Bei der Darstellung in stdSEM wird zwischen vorwiegend technischen, projektsteuernden und qualitätssichernden Tätigkeiten unterschieden. Jede Phase ist schließlich durch Ergebnisse gekennzeichnet, die bei der Durchführung von Tätigkeiten entstehen. Der Verpflichtungsgrad dieser Ergebnisse ist dabei in stdSEM für jede Phase festgelegt.


Meilensteine
Meilensteine kennzeichnen markante Punkte im Projektgeschehen, die meistens mit wichtigen Ergebnissen verbunden sind. Da sie sich hervorragend für das Projektcontrolling eignen, sind in stdSEM vorgegebene Meilensteine definiert, die aber projektspezifisch modifiziert werden können. Z.B. ist "Projektplan erstellt und überprüft" der projektsteuernde Meilenstein in der Phase Definition.


Phasenübergreifende Themen

Neben der Beschreibung der einzelnen Phasen werden in stdSEM auch phasenübergreifende Themen behandelt. Diese Themen, die in allen Phasen eine Rolle spielen, sind von der Beschreibung der einzelnen Phasen losgelöst. Hier kommt zum Beispiel den Themenbereichen Configuration Management und Wiederverwendung besondere Bedeutung zu.


Projektmanagement (PM)
PM besteht aus den großen Bereichen Projektplanung, Projektkontrolle und -steuerung für Aufwand, Termine, Meilensteine etc. Weitere wichtige Themen sind die Abwicklung von Angebot und Beauftragung, die Beauftragung von Unterauftragnehmern sowie die Beschaffung von Hard- und Software.


Qualitätssicherung (QS)
Unter QS fallen alle Maßnahmen zur Planung und Sicherstellung, daß die festgelegte Produktqualität erreicht wird. Dazu zählen z.B. die Reviews von Dokumenten, Testen und die Überprüfung beigestellter Produkte. Besonders wichtig ist das rechtzeitige Erkennen und Aufzeigen auftretender Probleme durch das Q-Berichtswesen, damit möglichst rasch geeignete Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können.


Configuration Management (CM)
In das CM fallen alle Aufgaben zur geordneten bzw. versionsbehafteten Verwaltung aller anfallenden Ergebnisse und der dazu benötigten Einheiten wie z.B. Dokumenten, Programm-Sourcen, Programm-Komponenten, Fehlermeldungen und Change-Requests (Änderungswünsche des Kunden) .


Wiederverwendung und Wiederverwendbarkeit
Wiederverwendung kann die Kosten eines Projekts erheblich senken. Sie bezieht sich nicht nur auf Wiederverwendung von Produktteilen, sondern auch auf Methoden, Tools, Entwürfe, Dokumente, Daten und allen Formen von Projekterfahrungen. Das Wiederverwendbar-Machen verursacht zwar unmittelbaren Mehraufwand, macht sich aber bei geplanten und gezielten Einsatz bezahlt.


Phasenablaufmodelle für die Durchführungsphasen (Organisationsformen für den Phasenablauf)

Wasserfallmodell
Das Wasserfallmodell ist das klassische Phasenmodell der Softwareentwicklung: Jede Phase enthält konstruktive und überprüfende Tätigkeiten wie z.B. die Erstellung und anschließenden Reviewen eines Pflichtenhefts. Alle Phasen werden in diesem Modell im Prinzip sequentiell durchlaufen. Erst wenn die Ergebnisse einer Phase vorliegen, kann die nächste Phase in Angriff genommen werden.

Weitere in stdSEM vorgesehene Modelle:

Nach dem Evolutionsmodell werden sämtliche Wartungsprojekte und die großen Versionsentwicklungen durchgeführt: Eine Folge-Produktversion setzt jeweils auf die Vorgängerversion auf. Die in Folgeversionen entstehenden Spezifikationen, Pläne und Realisierungen beziehen sich nur auf jene Leistungsmerkmale, die die neue Version von der alten unterscheiden.

Das Prototyping-Ablaufmodell beruht zwar auf einem Pflichtenheft, welches wichtig für vertragliche Absicherung gegenüber dem Kunden ist. Der Entwurf und die Realisierung werden dann aber unter Einsatz entsprechender Entwicklungs-Tools durchgeführt: Die Produktentwicklung kann kundennah anhand des entstehenden Prototyps erfolgen und ist in stdSEM als eigene "Phase" Prototyp-Entwicklung parallel zu traditionellem Entwurf und Realisierung beschrieben.

Beim Ausbaustufenmodell setzt die Entwicklung auf einem einheitlichen Pflichtenheft und einer Grobspezifikation auf. Die angestrebte Gesamtlösung wird dann allerdings in eine Reihe von selbständig laufenden Teilprojekten aufgeteilt . Der Grund dafür ist zumeist Termindruck, um wichtige Produktteile möglichst früh fertigzustellen oder parallel arbeitende Entwicklungsteams unterstützen zu können. Diese Teilprojekte führen dann jeweils zu einer einsatzfähigen Produkt-Ausbaustufe.

Das Spiralmodell nach stdSEM ist im Prinzip ein Wasserfallmodell mit aufwendigen Begleitmaßnahmen, das bei sehr großen Projekten sinnvoll ist. Nach jedem Phasenzyklus wird eine neue Zielbestimmung, Risikoanalyse, Simulationen, etc.durchgeführt.